Offener Brief zum Auftritt Jordan B. Peterson

Folgender Brief wurde an das Tempodrom, die Veranstalter:innen sowie Ticketverkaufstellen und Presse versandt:

Hallo,
wir haben drei, wie wir finden, recht einfache Fragen:
    
1. Wisst ihr wer am 29.09.2022 in Berlin in euren Räumen auftritt bzw. für wen ihr eine Veranstaltung organisiert?
Falls euch das irgendwie durch die Lappen gegangen ist, hier ein Überblick. Es ist Jordan B. Peterson.
Peterson ist vom Hause aus klinischer Psychologe, der in den letzten Jahren jedoch vor allem durch krude pseudowissenschaftliche Veröffentlichungen und Aussagen aufgefallen ist.
Spätestens seit 2014 dient er als zweifelhafte Galionsfigur der Alt-Right-Bewegung, unterfüttert diese mit vermeintlich intellektuellen Studien und sieht sich selber als Verteidiger der Meinungsfreiheit.
Misogynie, Antisemitismus, Rassismus, Transphobie? Peterson fühlt sich in all diesen Kategorien Zuhause. „Political correctness“ und „social justice warriors“ sind ihm ein Dorn im Auge.
Mit seinem Buch „12 Rules“ hat er der Alt-Right und all ihren Strömungen, eine theoretische Grundlage geliefert, die vor wissenschaftsfeindlichen Theorien nur so strotzt: Ein Mann müsse eine dominante Figur sein – Frauen und weibliche Attribute würden dieser „männlichen Selbstverwirklichung“ schaden.
In seiner viel zitierten „Hummer-Theorie“ behauptet Peterson, dass die Gehirn- und Hormonstruktur von Menschen und Hummern sehr ähnlich ist. So würden Hummer stets Kämpfe um ihr Territorium abhalten und die weiblichen Hummer sich nur mit den Gewinnern dieser Kämpfe umgeben. Eine sexistische Theorie die auch in der frauenhassenden Subkultur der Incel weitverbreitet ist. Mit seinen Thesen scheint er ihnen eine Legitimation für Misogynie und Antifeminismus zu bieten.
Er selbst versucht sich als unpolitisch zu positionieren, will keine Verantwortung für seine Anhängerschaft übernehmen. Dabei zieht er die faschistische Masse mit seinen Aussagen an wie Scheiße die Fliegen, um auch mal eine Tiermetapher zu benutzen, und lässt sich auch gerne mit Fans ablichten, die Statement-Shirts wie „I’m a proud islamophobe“ tragen.
Petersons Radikalisierungsprogramm findet vor allem im Internet statt: auf YouTube folgen ihm 5,29 Millionen Menschen. Dort lädt er u.a. Videos hoch über „die marxistische Lüge des ‚white privileges‘“, „femsplaining“, aber auch zu christlich-fundamentalistischen Themen. Er führt seine fanatischen Ideologien verharmlosend als Selbsthilfeprogramm an und radikalisiert so auf halb-verschlüsselte Art und Weise schleichend Franz und Hans. Die Kernaussagen: die angebliche Unterdrückung des weißen, heterosexuellen cis-Mannes und seiner „Tradition“.
2. Wenn ihr wisst, wer das ist, können wir davon ausgehen, dass ihr o.g. Gesinnungen unterstützt. Gehen wir Recht in der Annahme, dass das Tempodrom sowie die Ticket Verkaufsstellen und die Veranstalter:innen diese Haltung befürworten und demnach bereit sind o.g. Anliegen eine Bühne zu bieten?
3. Falls ihr das ernsthaft nicht wusstet – würden wir gern wissen wie ihr so verantwortungslos als Event Location und Unternehmen handelt, indem ihr euch mit den Inhalten, die ihr verbreitet nicht mal annähernd befasst?
Wir jedenfalls möchten solche Personen weder hier in Berlin im Tempodrom, noch sonst wo und verurteilen das Verbreiten solcher Gesinnungen auf's Schärfste. Menschen, die solchen Ideologien folgen, sind menschenverachtend und potentielle Anstifter:innen oder Ausführer:innen von rassistisch, faschistisch und misogynier motivierter Gewalt und ggf. sogar Anschlägen. Wir möchten und werden das nicht akzeptieren.
Grüße
Keine Show für Täter Kollektiv